Samstag, 5. Oktober 2013

Aus dem Tagebuch eines Hundetrainers: Wie man lernt, nicht über Kollegen zu lästern

In meinen Anfängen hatte ich ein nettes Ehepaar mit Lulu im Training. Lulu war seltsamerweise ein Rüde, eine sehr- sagen wir extravagante Mischung aus Fell und Zähnen, die optisch Richtung Seidenhuhn, erzieherisch eher in Richtung halbseiden ging. Problem gab es eigentlich keins, bis auf dass Lulu eben nicht hörte. Und biss. Und nicht stubenrein war. Und einfach weglief…


Das Ehepaar Lechner erzählte mir in ersten Stunde bereits alle Schandtaten des Hundes und dass ein Nachbar jetzt sogar mit einer Anzeige gedroht hätte, deshalb hätten sie auch den Hundetrainer gewechselt. Laut meiner Kollegin, so Herr Lechner, wäre Lulu nämlich viel zu dominant und er solle das als Alphatier dadurch abstellen, dass er beim Spaziergang immer wenn der Hund markiert, darüber pinkelt.

Ungläubig starre ich Herrn Lechner an und pruste dann los: „Das hätte als Strafe vielleicht funktioniert, wenn Sie „Kärcher“ heißen würden, sich ausschließlich von Kaffee ernähren würden und mitten auf den Hund gepinkelt hätten!“ Ich schüttelte den Kopf über diese Trainerin und erklärte noch andere ihrer Irrlehren, bevor wir mit dem Training begannen. Nämlich zum Beispiel, dass Lulu gar kein Wolf ist und auch nicht von uns angeknurrt werden muss, sonst müssten alle Reiter wiehern und Bauern grunzen.

Das Training startete mit einer ganzen Reihe an Alltagsstrukturierungen, wie regelmäßigen Spaziergängen, festen Regeln und einer Schleppleine. Lulu Lechner war begeistert bei der Sache und gab sein Bestes, Mama und Papa Lechner leider nicht- die hätten lieber ne Packung Kommicillin inklusive Bleibplatzzettel und vielleicht noch ne Tube Stehpanthen gekauft und diese Sache mit dem täglichen Üben bleiben gelassen. 

Wir kamen also schnell an einen Punkt, an dem ich sagen musste, dass es ohne ihr Engagement nicht weitergeht. „Wir rufen Sie dann wieder an, vielen Dank.“, war Lechners Antwort. Lulu Lechner knurrte beim Einsteigen und schnappte nach Herrchen. Ich fühlte mich so benutzt-hatte Lulu eigentlich meine Nummer?? Ne, falsche Story, Entschuldigung. Aber Ihr kennt ja mittlerweile meinen morgendlichen Hang abzuschweifen.

Aber Lechners riefen tatsächlich an! Drei Jahre später- ich hatte mittlerweile geheiratet, war umgezogen  und hatte meine Hundeschule stark erweitert, auch eine Pension angeschlossen und sogar einen extra „Firmenwagen“ mit tollem Logo und so. Lulu Lechner wollte also wieder ins Training kommen, sehr schön. Wir vereinbarten einen Hausbesuch, denn anscheinend hatte sich das Beißproblem böse verschlechtert.

Schon in der Tür merkte ich, dass Lechners mich nicht zu erkennen schienen- hm, naja, ich hatte ja auch meinen Namen geändert und etwas abgenommen, neue Haare und so- egal, es gab jetzt Wichtigeres, denn Lulu Lechner hatte sich in meiner Lederhose verbissen. Im Wohnzimmer angekommen hatte dann aber zumindest Lulu mich erkannt und kam plötzlich fröhlich wedelnd auf meinen Schoß.

Lechners waren verdutzt. „Das hat er bei den anderen Trainern nie gemacht!“, freute sich Frau Lechner. „Die waren ja auch alle unfähig.“, murrte er dagegen. Auf meine Frage, was sie denn in der letzten Zeit so im Training unternommen hätten, begannen sie zu erzählen:

 „Also erst waren wir bei einer, die hat uns geraten Lulu immer anzuknurren und über seine Pipistellen zu urinieren, das ging ja noch, das half am Anfang ja auch. Bis zu dieser Anzeige vom Hausmeister des benachbarten Kindergartens. Aber dann mussten wir ja die Trainerin wechseln und die Neue war total unfähig. Die sagte wir müssten auf unseren Hund drauf und nicht auf die Pipiplätze pinkeln und das würde nur funktionieren, wenn mein Mann nur noch  Kaffee trinkt. Außerdem wusste die nichtmal, dass der Hund vom Wolf abstammt und wir sollten Lulu plötzlich anwiehern und angrunzen…“

Seit dieser Erfahrung bewerte ich die Trainingsmethoden und Aussagen von Kollegen erst dann, wenn ich mir selbst ein Bild darüber gemacht habe…



1 Kommentar:

  1. Tja - daher kommt das Stille-Post-Symptom :-) es ist immer interessant was Personen gehört haben was Sie wiedergeben :-)

    AntwortenLöschen