Liebe WutzNews-Leser, in der aktuellen Dogs erschien ein Artikel über Familienhunde, für den unter anderem auch ich von der Autorin interviewt wurde. Es hagelte bisher schon viel Kritik, nur leider traf es bisher nur uns Hundetrainer. Jetzt wurde ich aufgrund eines Leserbriefes um eine Stellungnahme gebeten und möchte Euch diese natürlich nicht vorenthalten. Die Einleitung besteht aus dem Leserbrief einer Dogs-Leserin:
"Guten Tag,
ich dachte eigentlich, dass Euere Zeitung
seriös ist.
Nach "dem" Artikel- welche
Rassen passen heute zu Familien- bin ich mir nicht mehr so sicher!
Es ist schon fast grob fahrlässig, einen
Deutsch Drahthaar für eine Familie zu empfehlen!
Wie der Name schon sagt ist diese Rasse
ein Jagdhund.
Seriöse Züchter, die über den Jagdverband
registriert sind, geben solche Hunde nur in Jägerhände ab. Alles andere ist
Schwarzmarkt. Das wird ja wohl hier nicht noch unterstützt. Der Jagdtrieb
läßt sich nur durch gezielte jagdliche Ausbildund in den Griff bekommen. So ein
Hund braucht mehrere Stunden Auslauf und Beschäftigung. Außerdem kauft man sich
keinen Hund nach "Schönheit".
Wir haben einen Weimaraner. Leider werden
diese Hunde- weil sie "schön" sind- verstärkt in der Werbung
eingesetzt. Und viele wollen deswegen so einen HUnd.
Ich bin mit solchen Hunden aufgewachsen in
einer Jägerfamilie. Mein Mann ist auch selbst Jäger.
Das dieser Artikel auch noch zeitnah vor
Weihnachten erscheint, kommentiere ich gar nicht.
Ich vermisse bei diesen Vorschlägen
Kleinsthunde, wie z.B. Pinscher, die auch mal in ein Katzenklo machen, wenn
sich niemand kümmert.
Fakt ist auch, dass die meisten FAmilien
heute schon mit einem Kind total überlastet sind- wenn Beide arbeiten.
Da hat ein Hund überhaupt keinen Platz.
Hätten sie lieber mal die Leser gefragt,
wie diese mit Hund und und Familie leben.
Elvira Fischer-Walter"
hier meine Stellungnahme dazu:
Liebe Leser.
Ich wurde von Johanna Esser, der Autorin des Artikels „Welche
Rassen passen heute zu Familien?“ gebeten, eine Stellungnahme zu einem
Leserbrief zu schreiben.
Die Leserin bemängelt, dass in dem Artikel der Deutsch
Drahthaar als Familienhund aufgeführt wird.
Mein Name ist Ina Hildenbrand, ich bin Hundetrainerin und
diese Aussage von mir entstammt einer zweitägigen Diskussionsrunde aus dem Jahr
2012 mit anderen Hundetrainern. Leider kommt in diesem Artikel eben diese Diskussion
gar nicht wirklich zur Sprache. Niemand von uns Beteiligten hat uneingeschränkt
und ohne weitere Aussagen dazu eine einzige Rasse für alle Familien empfohlen.
Warum? Weil das unverantwortlich und inkompetent wäre.
Liebe Leser, ich
stimme Ihnen allen zu, wenn Sie sagen, dass man die Frage „Welche Rasse ist der
perfekte Familienhund?“ nicht mit „Der Deutsch Drahthhar!“ beantworten kann.
Das habe ich auch nie getan. Vielmehr habe ich sehr detailliert zwei Tage lang die
Vor- und Nachteile vieler Rassen für die Haltung in Familien mit meinen Kollegen
diskutiert.
Eine spezielle Empfehlung kann man nur dann geben, wenn man
auch die Familie persönlich kennt. Dieses Interview sollte laut Frau Esser ursprünglich
als das abgedruckt werden, was es auch war, nämlich als Diskussion. Dass jetzt
im Endergebnis sozusagen Empfehlungssteckbriefe daraus wurden, ohne dass
Bedenken und Diskussionspunkte dazu ebenfalls Inhalt des Artikels sind, war so
nicht angekündigt.
Meine Kollegen und ich müssen uns jetzt gegen viele Vorwürfe
auf verschiedenen Plattformen verteidigen, weil die Darstellung in dem Artikel
so einseitig ist. Ich habe verschiedene Hundetypen für ganz verschiedene
Famlientypen erläutert, neben dem Drahthaar und dem Bearded Collie unter
anderem auch den Pudel, den Cavalier und den Zwergschnauzer. Den fertigen
Artikel habe ich vor dem Druck nicht zu Gesicht bekommen. Ich würde mich aus
heutiger Sicht auch nicht wieder zu einem solchem Interview bereiterklären.
Zu den fachlichen Kritikpunkten: Ja, der Deutsch Drahthaar
ist eine Jagdhunderasse und ja, diese Hunde sind Gebrauchshunde, die für die
Arbeit gezüchtet wurden. Das aber als alleiniges Argument gegen sie als
Familienhund zu sehen, ist Unsinn. Die meisten Drahthaare, die ich kenne, sind zu
90 Prozent Familienhunde und das klappt wunderbar. Fast alle Jäger heute sind Freizeitjäger,
deren Hunde in der Familie leben und nicht anders behandelt werden als der
Goldie von nebenan. Golden und Labrador Retriever, die Familienhunde
schlechthin, sind übrigens auch Jagdhunde, ebenso wie Dackel, Jack Russel
Terrier, Westies und viele andere es ursprünglich waren. Sie alle machen mal
mehr und mal weniger Probleme, eben weil man nicht generell eine Rasse für alle
empfehlen kann.
Ein Deutsch Drahthaar in einer aktiven Familie, in der schon
etwas größere Kinder sind und die mit dem Hund vielleicht ein gemeinsames Hobby
wie Trailen oder Hundesport verbindet, ist sicher eine sehr gute Kombination.
Ein Drahthaar in einer jungen Familie mit Säugling und Kleinkind als „Nebenbeihaustier“
mit wenig Beschäftigung ist sicher nicht wirklich sinnvoll.
Die Kleinsthunde, die die Leserin vermisst, wurden nicht von
uns vergessen, sondern von der Autorin. Extrem seltsam finde ich allerdings die
Ansicht der Leserin, diese Hunde könnten eine Alternative sein, weil sie auf
ein Katzenklo gehen können. Solche Haltungsbedingungen sind, meiner Meinung
nach, tierschutzrelevant. Auch Kleinsthunde sind Hunde, die Auslauf und
Beschäftigung brauchen und sehr oft sind gerade die kleinen Rassen nicht
wirklich geeigneter als große.
Auch dass Familien mit Kindern ohnehin meist überlastet sind,
finde ich eine zu Unrecht verallgemeinernde Aussage. Ich denke, dass es überall
Probleme und Engpässe in der Hundehaltung gibt, das generell nur den Familien
vorzuwerfen ist unsachlich. Ich kenne sehr viele Familien, in denen das Leben
mit Hund wunderbar funktioniert, für alle Seiten.
Der letzte Vorwurf aus
diesem Leserbrief, zu dem ich mich äußern möchte, betrifft den Schwarzhandel
mit Hunden. In dieser Diskussion ging es nicht darum Kaufempfehlungen für
Weihnachten zu erstellen, sondern darum, die Eigenschaften aller Rassen auf
ihre Familientauglichkeit hin zu diskutieren. Außerdem fand diese Diskussion
bereits im Juni 2012 statt und sollte laut Autorin in der darauffolgenden
Ausgabe der Dogs erscheinen, nicht zu Weihnachten.
Abschließend muss ich leider sagen, dass ich zwar hinter meinen
abgedruckten Aussagen stehe, diese aber nur einen Bruchteil meiner, in der Diskussion geäußerten,
Ansichten darstellen und lange nicht vollständig sind. Ich bin nicht der
Meinung, dass der Deutsch Drahthaar für jede Familie geeignet ist, aber wohl,
dass er es sein kann.
Wenn mich jemand zitiert mit „Frau Hildenbrand empfiehlt als
passendes Abendoutfit für Frauen ein zerfetztes schwarzverflecktes Kleid mit blutiger Scherpe und Krönchen.“, ist
das sicher eine korrekte Aussage, hinter der ich ebenfalls stehe. Das mag aber
sicher seltsam klingen, wenn der Leser nicht weiß, dass das nur eine Aussage
von vielen war und die ursprüngliche Frage lautete: „Welche besonderen Outfits können
Sie für spezielle Anlässe wie Halloween, Beachparties oder Weihnachten
empfehlen?“
Liebe Leser, es gibt keine „beste“ Rasse für Familien und
das habe ich auch nie behauptet.
Mit freundlichen Grüßen,
Ina Hildenbrand
Da würde ich vorschlagen doch etwas kritischer mit Frau Esser und dem Magazin "DOGS" umzugehen. In der breiten Öffentlichkeit stehen Sie nun mit dieser Meinung da, wer sich etwas mit der Materie beschäftigt stellt sich die Frage, wie glaubwürdig sind Sie denn. Im Grunde genommen lese ich die die Blogbeiträge ganz gern, nur frage ich mich dann, warum arbeitet man mit DOGS zusammen.
AntwortenLöschenVielen Dank für den Kommentar. Man lernt eben aus seinen Fehlern als Jungautor ;) . Aus heutiger Sicht würde ich nichts mehr unkontrolliert freigeben. Alles nicht so einfach, aber jetzt bin ich schlauer.
LöschenLG Ina Hildenbrand
So schlimm ist es nun auch nicht.... sicher gibt es ein paar Menschen, die mit ihrem Leben nicht klarkommen, Familien, die überlastet sind und auch welche, die aufgrund diesem einen Artikel sich unreflektiert einen Hund kaufen..... ABER dem Großteil der Menschen darf man auch unterstellen, dass sie reflektieren, nachdenken und sich informieren. Und evtl. können diese auch einschätzen ob es eher ein aktiver Hund oder ein nicht so aktiver Hund sein soll. Ja, ich kenne auch ein paar Hundebesitzer, die sich vorher nicht gut informiert haben, aber deswegen grundsätzlich immer zu sagen: Familien würden nur mit pflegeleichten Hunden klarkommen und die Leser einer Hunde Zeitschrift als nicht mitdenkend darzustellen, finde ich überzogen. Vor ein paar Monaten hatte Dogs auch einen Artike zu dem Thema: welcher Hund ist der ideale Ersthund. dieser Artikel war super. Und wer sagt denn das es nur Familien gibt, die keine hundeerfahrung haben? Schön sind folgende Attribute (u.a.) bei einem Familienhund: guter Umgang mit Stress, geringe Geräuschempfindlichkeit, eine hohe Frustrationstoleranz. Also alles auch Attribute auf die man hinarbeiten kann. Die wichtigste Frage wäre doch, in wie weit ist ein Hundebesitzer bereit, sich für seinen Hund zu engagieren? Und das hat nichts mit Familie, Single oder sonst was zu tun. :-) herzliche Grüße, Vanessa Engelstädter
AntwortenLöschenNun nennen wir ebenfalls einen Jagdhund unser eigen, einen Pudelpointer, relativ verwandt zum DD, für denselben Jagdgebrauch gezüchtet. Ich führe den Hund als Einsatztrailer und er wird sicherlich mehr gearbeitet als der durchschnittliche Trailer. Er wird auch sicherlich jagdlich geführt werden. Ich kenne auch etliche DD. Generell würde ich bei Jagdhunden dieser Sparte nicht sagen, dass sie mit Ersatzbeschäftigungen wie Hobbytrailen ausreichend versorgt sind. Darin unterscheiden sie sich auch sicherlich von den Retrievern oder den Settern z.B. Ich denke nicht, dass es sinnvoll ist einen DD als Familienhund mit ein bißchen Beschäftigung zu halten, Es gibt mittlerweile Jagdhundrassen die sich aufgespalten haben wie es jetzt auch bei den Weimaranern anfängt und bei den Viszla auch der Fall ist. Sinnvoll und gut für die Rasse ist dies sicherlich nicht. Man muß nicht alles haben was man sieht und wenigstens die Jagdgebrauchshunde könnte man außen vor lassen.
AntwortenLöschenDas ändert nichts daran, dass der Artikel falsch darstellt und ich werde deshalb auch keine Vorwürfe machen, aber ein Deutsch Drahthaar als Familienhund wäre bei mir ein klares nein, dem Hund zuliebe.
Danke für den ausführlichen Kommentar. Ich denke wirklich es kommt auf die Familie, also den Hundehalter ganz speziell an. Die Jagdhunde, die ich in Jägerhand kenne, arbeiten sicher nicht mehr als die Hunde meiner engagierten Kursbesucher anderer Bereiche. Ich kenne sowohl Jäger als auch Nichtjäger, die ihre Hunde viel zu wenig auslasten. Dass es einer Rasse nicht gut tut nicht mehr nach Arbeitsleistungskriterien gezüchtet zu werden unterschreibe ich jederzeit. Da läuft wirklich viel schief. Allerdings sind auch die jagdlichen Zuchtkriterien nicht immer sinnvoll. Ich habe einen Jagdterrier und die übereifrige Selektion auf Schärfe hat der Rasse auch nicht gut getan. Die Kleine ist einfach bekloppt. Aber ich halte es, nachdem ich jetzt seit Jahren engen Kontakt mit vielen verschiedenen Jägern habe und mit einem Kollegen zusammen jedes Jahr einen Brauchbarkeitskurs mit Prüfung veranstalte, für ein hartnäckiges Gerücht, dass Hunde in Jägerhand generell besser ausgelastet sind als in Nichtjägerhand. Das würde ich wirklich nicht am Einsatzbereich des Hundes festmachen, sondern am Engagement des Besitzers. Da hat Dein Pudelpointer echt Glück.
LöschenViele Grüße,
Ina
Ich meinte auch nicht nur die Menge der Auslastung sondern auch die Art der Auslastung an sich. Bezogen auf bestimmte rassen wie z.B. halt den DD. Die ich kenne leben für die Jagd oder würden es halt gerne und da kann alles andere auch nur ein nicht voll adäquater Ersatz sein.
LöschenLiebe Grüße
Ina
Wo se Recht hat se recht....
AntwortenLöschenaber auch der Dackel ist ein Jagdhund (und wie) und der Goldie, der Labie!
Familienhunde sind z.B. der Staff! ja wirklich. Ich wüsste keinen besseren (klein, knuddelig, gut zu händeln). Typischerweise wurde er auf Menschenfreundlichkeit selektiert - ok er wurde auch für Hundekämpfe missbraucht, (aber auch da was Menschenfreundlichkeit Bedingung)!
Ich geb ja zu, das ist 150 Jahre her - aber noch immer zählt der Staff in GB zu den häufigsten Hunden, heißt nicht umsonst nannydog = Kindermädchendog.
Um auch mal etwas Nettes zu hinterlassen...
AntwortenLöschenWenn wir bedenken, dass die beiden hier sehr verbreiteten Retriever-Rassen ebenfalls eigentlich Jagdhunde sind...
Irgendwie habe ich auch ds Gefühl, dass Jagdverhalten mystifiziert und dämonisiert wird, weil man es als "unerwünschtes Verhalten" herunterputzt. Dabei ist doch nur "unkontrolliertes Hetzen von Wild" das Problem. Viele Jagdhunde eignen sich durchaus als Familienhunde (...auch wenn ich dieses Wort nicht mag), wenn der Hund rassetypisch und tiergerecht mit seinen FÄHIGKEITEN gefördert wird...
Ich habe mich damals vom Jagdverhalten des Shibas ein wenig gefürchtet - aber mittlerweile bedaure ich fast schon, dass einer meiner beiden Jungs gar nicht am Jagen interessiert ist. :)