Als junge Hundetrainerin habe ich fast ausschließlich
Hausbesuche gemacht. Das hat viele Vorteile, aber auch den Nachteil, dass man
im Ernstfall schon einmal festsitzt und einem das verdammt stinkt. Vereinbart
war ein Termin mit Herrn Schuhmacher und seiner Cora, die Probleme mit dem Autofahren
hatte. Dass die Probleme aber eher an mir haften bleiben würde, hatte ich nicht
gedacht.
Herr Schuhmacher wohnte recht ländlich, links ein frisch
gedüngter Stoppelacker, rechts ein hübsches Häuschen mit Bäumchen drin und Zäunchen
drumrum. Sah alles recht vertrauenserweckend aus, aber es war mein erster
Termin mit Schuhmacher und zu einem völlig Fremden ins Auto wollte ich nicht
steigen. Genau das war aber das Problem: Herr Schuhmacher hatte um eine
Testfahrt gebeten.
Mein luxuriöser Fiat Kastenwagen war natürlich wie immer so
perfekt aufgeräumt gewesen, dass es mich über eine Stunde Vorbereitungszeit
gekostet hatte, bis ich ohne Scham im Gepäck zum Unterricht fahren konnte. Aber es war ohnehin mal
wieder Zeit das treue Packtier zu schrubben. Da es bereits sehr heiß war und ich in der
prallen Sonne parkte ließ ich Fenster und die Schiebetür offen, schnappte mir
mein Wichtigtuer-Klemmbrett mit Kundenstammblatt und dem dicken Block, den ich
nie brauchte und ging zum Haus.
Ohne dass ich klingeln musste stand mir sofort Herr
Schuhmacher in der Tür gegenüber: Leinenhose und Sisallatschen- na prima. Fehlt
nur noch das Dinkelkissen und ein- da ertönte es bereits, das Bambuswindspiel des Todes auf der Terrasse. War ja klar. Nein, Herr Schuhmacher bot mir netterweise
keinen Roibuschtee an, dafür war er viel zu aufgeregt, denn Cora sei weg. Aber
ein Glas reines Heilwasser mit nem Kieselstein drin könnte ich gern haben… Er
wüsste nicht wie, oder seit wann, aber er hätte sie nach seiner Jogastunde am
Mittag nicht mehr finden können.
„Läuft sie denn öfter mal weg?“ fragte ich und sah mich um. Duftkerzen, Klangschalen und
Bodensitzkissen-der Mann ist sicher so gefährlich wie ein Meerschweinchen-egal,
trotzdem mein Auto. „Wir versuchen Cora nicht einzuengen und bisher hat sie das
auch nicht ausgenutzt.“, winselt Herr Schuhmacher verzweifelt und versucht
seine Leinenhose durch nervöses Krempeln in Position zu bringen. „Vielleicht
fahren wir einfach ein paar Minuten Ihre gängigen Spaziergehstrecken ab und
sehen, ob sie dort herumläuft, hm?“, unterbreche ich den Yogakrempler und zeige
auf seine Schuhe im Flur. War so klar, dass er barfuß mit will…
Im Vorbeigehen werfe ich die
Schiebetür zu und sitze bereits im Wagen- doch wo ist Herr Schuhmacher? Im
Rückspiegel sehe ich noch, wie er sich in seinem Gartentörchen stehend vor irgendetwas
verneigt, um mir dann mit der unglaublichen Geschwindigkeit einer Kletterbohne
zum Auto hinterher zu sprinten. „Warum immer ich?!“, schoß es mir durch den
Kopf. Aber es half ja nichts.
Nach wenigen Minuten im Auto
wünschte ich mich bereits in Schuhmachers Räucherstäbchenhöhle zurück- es war
keine gute Idee gewesen das Auto offen zu lassen, der Gestank des Güllefeldes
war richtig schön eingezogen. Seltsamerweise wurde es auch während der Fahrt
eher schlimmer, obwohl wir uns immer weiter vom Feld entfernt hatten. Der
Yogakrempler hielt ein Glöckchen aus dem Fenster und rief nasal immer wieder
Coras Namen.
Ich konnte meinen Mund einfach
nicht halten und fragte schließlich doch was das mit dem beschissenen Glöckchen
sollte, denn statt Cora traten mehrere verwirrte Hausfrauen mit Einkaufskörben
vor die Tür als wir vorbeifuhren. Ich bin doch nicht der verdammte Eismann. „Cora
reagiert auf die Pfeife immer so gestresst, deshalb haben wir das Glöckchen.“ –Auch
klar, was sonst…
Wir kamen wieder aus
dem Ort heraus und ich beschloss auf dem Feldweg zu halten um die Hintertüren
kurz zum Lüften zu öffnen. Und was für eine Überraschung!
Hinten in meinem Kastenwagen lag ganz klein und ordentlich gefalten ein völlig
verdreckter Hund. „Herr Yo- äh Schuhmacher, schauen sie mal bitte eben hier
rein?“, würgte ich hervor. Die Freude war groß, wenn auch einseitig. Der
Yogakrempler faltete die Hände und hüpfte, Cora fletschte. „Sehen Sie, jetzt
zeigt sie auch schon gleich das angesprochene Problemverhalten!“, jubilierte er
beinahe außer sich.
Das Problem der kleinen
Stinkbombe war nicht das Fahren, sondern das wieder aussteigen. Die kleine
Mistkröte hatte meinen Fiat annektiert und fletsche munter dünstend aus der
hintersten Ecke heraus. Selbstverständlich lag sie dabei nicht auf der riesigen
Hundedecke mit Antirutsch, sondern auf meiner Lederjacke.
Ich dirigierte den immer noch
freudig hüpfenden Yogakrempler wieder ins Auto und fuhr zurück zum Haus. Die
Fahrtstrecke nutzte ich dazu um das Gespräch zurück auf die heilende Wirkung
von reinem Wasser zu lenken und wortspielte
munter weiter, dass Klarheit oft am besten reinigen würde, grenzüberschreitend
quasi. Und ich verzichtete sogar auf den rosaroten Kieselstein, auch wenn's nach dem Gefletsche echt verlockend war. Der Yogakrempler ließ sich einlullen, wenn auch ihm das Ziel meines
Redeschwalls erst später völlig einleuchten sollte.
Ich hielt diesmal in der
Garagenauffahrt und stieg aus. Hatte ich erwähnt, dass ich einen Kastemwagen
fuhr? Das bedeutet Trennwand zwischen Fahrerkabine und Transportraum.
Wasserdichte Trennwand. Kurzerhand verneigte ich mich vor den heilenden Kräften
des Schuhmannschen Gartenschlauches und noch bevor der Yogakrempler anfangen
konnte Cora aus dem Auto und seine Nachbarn vor die Tür zu klingeln, gab ich
Stoff. Auch Cora schaffte nur noch ein halbes Fletschen bis zur Heilung...
Merke: Wenn man ein stinkendes
Auto durch die Hintertür flutet und dabei einen dunkelbraunen Bordercollie zur
Seitentür hinausspült, bekommt man nicht nur 10 Euro Trinkgeld zusätzlich, weil
man noch bisschen draufgehalten hat, sondern auch ein Rächerstäbchen für die
Heimfahrt und ne neue Lederjacke.
Fortsetzung folgt…
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen