Freitag, 9. August 2013

Tierkommunikation oder Was denkt mein Zopfpullover?

Ich sage Ihnen, was Ihr Tier denkt, alle Infos sind garantiert völlig umsonst-kosten tut das Ganze allerdings einiges. Schicken Sie mir nur ein Foto oder ein Haar. Ihr Tier ist krank? Ich helfe Ihnen herauszufinden was mir weh tut. Sie möchten wissen wie es sich fühlt, was es über Sie denkt? Ich kann es Ihnen auch nicht sagen, ich erzähle Ihnen nur woran ich selbst glaube. Andere glauben an den Weihnachtsmann.



Ich stelle mir gerade vor, wie ich als Hundetrainer getestet werde. Ich hab so etwas Ähnliches mal in einer  Reiterzeitschrift gesehen. Da kommt ein Tester und bewertet die Fähigkeiten des Trainers. Ich würde das gern machen, so als Tester. Ich würde mich aber auch testen lassen- egal wer da kommt.

Wenn bei mir als Hundetrainer ein Tester aufschlägt, der mir erzählt er hätte eine ruhige und liebe Westihündin und er würde gern wissen ob sie gerne einmal Welpen hätte und deshalb oft so launisch wäre, dann könnte  ich ihm helfen. Es wäre definitiv nicht möglich, dass mir jemand stattdessen einen beuteaggressiven Jack Russel Terrierrüden oder einen Zopfpullover auftischt. Denn ich möchte den Hund sehen und beurteile anhand aller Infos, die ich wahrnehmen kann.

In diesem Statement  geht es nicht darum, woran ich glaube oder woran Sie als Leser glauben. Es geht einfach nur um Verantwortung. Ich trage als Trainer die Verantwortung dafür, jedes Tier und jeden Menschen bestmöglich zu beurteilen und ihnen dementsprechend zu helfen. Zeugt es allen Ernstes von Kompetenz dabei  das Tier und seine reale Anwesenheit außen vor zu lassen?

Es wäre grandios, hätte ich zusätzlich zu  meinen Fähigkeiten Hunde nach ihrem Aussehen, ihrem Verhalten und der Interaktion mit ihrer Umwelt zu beurteilen auch noch die Fähigkeit telepathisch mit ihnen zu kommunizieren! Das wäre der Wahnsinn, ich kann es nur leider nicht. Könnte ich es, würde ich aber dennoch gern ein direktes Gegenüber haben- einfach nur um Fehler auszuschließen, auf beiden Seiten. Oder um nicht angelogen zu werden.

Ich bin mir sicher, dass mich ein überzeugt hypersexuell veranlagter Rüde anlügen würde, wenn Frauchen wissen wollte, ob es ihm nach einer Kastration eventuell besser ginge. Tierkommunikatoren verlangen in der Regel ein Foto, auf dem die Augen des Tieres zu erkennen sind. JPG-das kann das Telepathieprogramm anscheinend besser lesen.

Ich will kein Foto. Und Hundehaare habe ich zuhause selbst genug. Aber was kann so ein Tierkommunikator eigentlich alles? Vielleicht bin ich nur neidisch, weil ich das als einfacher Hundetrainer nicht kann. Ja, das wird’s sein. Diese Tiertelepathen können Schmerzen lokalisieren, Scheidungshunden helfen und-das finde ich am besten überhaupt: sie können mit verstorbenen Tieren reden.

Einige Zitate von verschiedenen Websites besagen, dass die Arbeit mit den Tieren „scheidungsvorbereitend“ sein könne, „vermisste Tiere auffinden“ ermögliche und neben Wünschen auch das Befinden des Tieres feststellen könne. Aussagen wie  nach dem Tode können wir mit dem Tier Kontakt aufnehmen, um zu erfahren, ob es im geistigen Reich gut angekommen ist.“ Lassen mich allerdings aufhorchen.

Da sitzt irgendwo ein verdammtes Genie, das sich lieber mit toten Hunden unterhält, anstatt verstorbene Piraten nach ihren Schätzen auszufragen und Millionär zu werden?? Ach ja, die reden sicher nur wieder, wenn man als Kommunikator Gutes tun will, nicht nur an der eigenen Bereicherung interessiert ist- 10 Fragen an den toten Hund kosten übrigens bereits auf der ersten Website 70 Euro.

Also gut, dann eben mit ner Live-Übertragung zu Einstein online gehen und die Welt mit seinen genialen Ideen vor dem Untergang retten? Auch nicht. Wenn man eben nur für die Tiere da ist und das Dinge wie den Hunger der Welt unwichtig macht, muss ich das akzeptieren.

Trotzdem bin ich sehr erfreut, dass doch auch ein sehr großes Verantwortungsbewusstsein in dieser Berufssparte existiert, wenigstens dann, wenn es um den Datenschutz und die Persönlichkeitsrechte der Hunde, Kanaris und anderer „beseelter Wesen“, wie etwa Weberknechte geht: „ Wir stellen grundsätzlich nur eine Verbindung zu Tieren her, zu denen Sie direkt in Verbindung stehen (sorgeberechtigt sind).“ An anderer Stelle heißt es: „Tiere antworten am liebsten auf konkret gestellte Fragen. Aber bitte respektieren Sie, dass Tiere nicht immer auf jede Frage antworten möchten. Auch Tiere haben ein Recht auf Ihre Geheimnisse.“

Ohnehin seinen folgende Infos vorab notwendig: „Den Namen des Tieres, das Geschlecht, das Alter (wenn bekannt) und wie lange ihr Tier schon bei Ihnen ist. Es ist wichtig, dass Sie uns über Verhaltens-, oder Gesundheitsprobleme informieren.“
Wenn das Tier nicht einmal seinen Namen rausrückt oder ob es Männlein oder Weiblein ist, wie übermittelt es dann komplexe Sachverhalte, wie die chronische Gastritis, die bei meinem Zopfpullover diagnostiziert wurde?

Das Geschäft scheint gut zu gehen, vor allem das mit den Gefühlen der Hundebesitzer. Laut Leistungsangebot einer weiteren Website können wir Fragen stellen wie:
„Ist mein geliebtes Tier gut angekommen im Regenbogenland? Geht es ihm gut? Wie sieht es dort aus im Regenbogenland?“ Jeder möchte sein geliebtes Tier glücklich wissen, ob tot oder lebendig- aber derart Profit aus etwas schlagen, das nachweislich und sogar nach eigenen Aussagen der Tierkommunikatoren nicht funktioniert?

„Da sich das Ganze in Dir abspielt, ist es manchmal nicht leicht zu unterscheiden, welche Infos von Dir und welche vom Tier kommen.“, sagt da jemand mit einem „Basiskurs“. Da frage ich vorsichtshalber gar nicht mehr, ob man als Tierkommunikator sich selbst nicht von Kunstfaser unterscheiden kann. Weiter könne das eigene Befinden als das des Tieres interpretiert werden-bei zu wenig Erfahrung. Kann immer mal passieren. Falscher Kanal oder so vielleicht.

Was hat es also mit meinem Zopfpulli auf sich? Wenn man „Haarproben“ von einem Zopfpulli aus Kunstfaser verschickt bekommt man unter Umständen wirklich überirdische Infos. Mein Zopfpulli könnte chronische Gastritis haben, scheinträchtig sein, mit meiner Partnerschaft nicht klar kommen, sein Futter nicht mögen und vielleicht plant er sogar wegzulaufen. Jedenfalls will er mich sicher nicht traurig machen, sondern er fühlt sich nur nicht gut, alles möchte er aber sicher bei diesem ersten Gespräch nicht erzählen. Infos zur „Haarprobe“ waren: „Wie gewünscht anbei die Probe. Farbe grau-braun, rauh, 60 cm hoch, Herkunft unbekannt, männlich, unter einem Jahr alt.“ Alles nicht gelogen, denn es heißt DER Zopfpulli und er stammte aus der aktuellen Herbstkollektion.
Erklärungen?

Ich lasse mich gern belehren. Traut sich jemand ernsthaft zu, mir öffentlich für den Blog einige Hunde per Foto oder Haarprobe zu beurteilen? Die zu beantwortenden Fragen wären: Name, Alter, Geschlecht, ob kastriert, offensichtliche körperliche Gebrechen, frisst der Hund rohen Apfel, wie sein Verhalten gegenüber anderen Hunden ist, wie es dem Hund gerade geht, ob er fremde Menschen mag, welche Beziehung er zu seinen Besitzern hat. All diese Dinge kann ich als Hundetrainer leicht durch einfache verbale Kommunikation oder Beobachtung in Erfahrung bringen.

Wenn mir jemand eine Million bieten würde- eine Million dafür, dass ich mein Können als Hundetrainer unter Beweis stelle, ich wäre schneller bei ihm als eine Haarprobe zu Boden segeln könnte. Ich würd ihm alles vormachen, was ich den Kunden täglich verspreche. Leinenführigkeit, Aggressionstraining,  Apportieren, Angsttherapie, Abruf, einfach alles. Leider bietet dafür niemand eine Million. Aber Ihr, liebe Tierkommunikatoren habt die Chance! Startet durch und werdet reich: http://www.randi.org/site/index.php/1m-challenge/challenge-application.html
Und berichtet mir, ich würde mich sehr freuen!


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